Heute ist über die Funktionsweise des Lagers in Pitschen nur wenig bekannt. Wertvolle Informationen lieferte jedoch eine Nachkriegsuntersuchung, die 1947 vom Sicherheitsamt in Neumarkt gegen Jan C., einen Einwohner von Byczyna (dem heutigen Pitschen), durchgeführt wurde. Damals waren die Erinnerungen an den Krieg noch frisch, und die Zeugen gaben bereitwillig Auskunft.

Unser Hauptprotagonist – Jan C. – wurde 1900 im damaligen Oberschlesien geboren. Nach dem Abschluss der Volksschule arbeitete er im elterlichen Bauernhof. 1920 begann er eine Ausbildung an einer dreijährigen Forstschule, anschließend besuchte er einen sechsmonatigen Kurs an der höheren Forstschule. Danach arbeitete er als Revierförster in Żurów bis 1933, als Adolf Hitler in Deutschland an die Macht kam.

Aufgrund seiner Zugehörigkeit zur kommunistischen Partei wurde Jan C. entlassen und war mehrere Jahre lang ohne Arbeit. Erst 1937 fand er eine Anzeige des Grafen Matuschka, der einen Förster zur Beaufsichtigung seiner Wälder in Pitschen suchte. Jan C. nahm das Angebot an und zog mit seiner Familie dorthin.

Zwei Jahre später brach der Krieg aus. Nach der Aussage einer Einwohnerin von Pitschen wurde Jan C. zum Militär eingezogen, konnte sich aber dank der Intervention von Graf Matuschka davor retten. Während der Besatzung – wie er selbst aussagte – wurde er in Pitschen zum „Landwacht“ gewählt, also zum Hilfspolizisten der deutschen Polizei. Die Entscheidung über seine Ernennung traf der damalige Dorfschulze, bestätigt vom Landrat aus Środa Śląska. Zusammen mit ihm erfüllten zehn weitere Helfer diese Funktion. Ihre Aufgabe war es, das Dorf zu überwachen und darauf zu achten, dass „alles in Ordnung war“.

Jan C. sagte später aus, dass er häufig vom Gendarmen aus Osiek besucht wurde, dem er unterstand, um sich nach der Lage in Pitschen zu erkundigen. Er betonte jedoch, dass er niemals jemanden denunziert habe und dass aufgrund seiner Person niemand verhaftet worden sei.

1947, also nach Kriegsende, geriet Jan C. ins Visier des Sicherheitsamtes in Środa Śląska. Man beschuldigte ihn, während der Besatzung mit der deutschen Polizei zusammengearbeitet zu haben. Aus der Anklageschrift ging hervor, dass er von September 1939 bis Mai 1945 als Förster im Gut des Grafen Matuschka sowie als Helfer des Wachtmeisters im Rang eines „Landwachtpostführers“ gegen die Zivilbevölkerung und Kriegsgefangene gehandelt habe. Man warf ihm vor, polnische und ukrainische Zwangsarbeiter geschlagen sowie die Inhaftierung polnischer und deutscher Frauen in Arbeitslagern verursacht zu haben, weil sie gesellschaftliche Kontakte zu französischen und belgischen Gefangenen unterhielten und ihnen materielle Hilfe leisteten. Als Zeugen in diesem Fall wurden Einwohner von Pitschen benannt: Emma Kapała, Alfreda Kapicka, Hedwig Hofbauer und Wincenty Miczke.

Emma Kapała, geboren 1925 im Kreis Lubliniec, lebte bereits seit 1928 in Pitschen, wo ihre Eltern im Gut Matuschka arbeiteten. Sie erklärte, dass sie Jan C. seit seiner Ankunft im Dorf im Jahr 1937 gekannt habe. Ihrer Aussage nach genoss ihre Familie aufgrund ihrer schlesischen Herkunft eine bessere Behandlung als Polen aus anderen Regionen, was es ihnen ermöglichte, Zwangsarbeitern zu helfen – sie teilten mit ihnen Lebensmittel und Kleidung.

Als Jan C. von dieser Tätigkeit erfuhr, soll er – so Emma – die deutsche Polizei in Osiek darüber informiert haben. Zwei Wochen später kam die Gestapo ins Dorf und verhaftete Emma, Alfreda Kapicka und Hedwig Hofbauer. Hofbauer wurde beschuldigt, intime Kontakte mit belgischen Gefangenen gehabt und ihnen Lebensmittel übergeben zu haben. Zur gleichen Zeit wurden auch drei andere Frauen verhaftet – zwei Deutsche, die angeblich „mit Franzosen gingen“, sowie eine Oberschlesierin, die verdächtigt wurde, Kontakte zu Polen zu haben.

Es ist erwähnenswert, dass zu dieser Zeit mehrere, vielleicht sogar ein Dutzend Familien aus Oberschlesien in Pitschen lebten. Der Fall von Emma Kapała verdeutlicht die Komplexität der nationalen Fragen in dieser Region – in manchen Dokumenten bezeichnete sie sich als Polin, in anderen als Deutsche und manchmal als Oberschlesierin.

Laut den Aussagen von Emma Kapała wurden drei der verhafteten Frauen bald wieder freigelassen, da sie Kinder hatten und ihre Männer an der Front kämpften. Ganz anders verlief das Schicksal von Emma selbst und ihren Freundinnen – sie verbrachten fünfzehn Monate im Konzentrationslager Berlin-Lichtenberg. Jahre später nannte Emma Jan C. einen „großen Hitleristen“ und betonte, dass die polnische Staatsangehörigkeit, die er nach dem Krieg erhalten habe, „ihm überhaupt nicht zustehe“.

Alfreda Kapicka, geboren 1921 in Pitschen, bestätigte ebenfalls, dass Jan C. die Funktion eines „Landwachtpostführers“ innehatte, also des Leiters der örtlichen Hilfspolizisten. Ihrer Aussage nach denunzierte er nicht nur Polen und Ukrainer, sondern auch Deutsche, die französischen und belgischen Gefangenen halfen. Sie selbst wurde wegen ihrer Freundlichkeit gegenüber ausländischen Arbeitern verhaftet. Vor Gericht sagte sie aus, dass ihre Verhaftung von sieben Gestapo-Beamten durchgeführt wurde. In der Folge verbrachte sie fünfzehn Monate im Konzentrationslager.

Nach dem Krieg, als sie in ihre Heimat zurückkehrte, fand sie Pitschen bereits unter sowjetischer Herrschaft vor. Graf Matuschka war damals von den Russen getötet worden, und Jan C. – trotz seiner Vergangenheit während der Besatzung – übernahm das Amt des Dorfschulzen und war u. a. für die Verteilung von Lebensmitteln zuständig. Kapicka erinnerte sich, dass der Angeklagte ihr die Lebensmittelration für ihre Tochter verweigert habe, als sie mit dem Kind um Zuteilung bat. In ihren Aussagen erwähnte sie auch, dass sie schon vor ihrer Verhaftung gehört habe, wie Jan C. zusammen mit einem deutschen Polizisten einen Polen geschlagen habe.

Grabkapelle der Familie Matuschka in Pyszczyn

Ähnliche Aussagen machte Wincenty Miczke, Einwohner von Pitschen während des Krieges. Er behauptete, dass Jan C. zwei Polen – Kazimierz und einen gewissen Władysław – ins Gesicht geschlagen habe. Nach dem Krieg blieb Kazimierz in Pitschen, ebenso wie der Angeklagte. Jan C., der angeblich eine Denunziation durch Kazimierz fürchtete, habe versucht, ihn mit Wodka zu besänftigen.

Wincenty Miczke erinnerte sich auch an einen anderen Polen – Julian –, dem Jan C. zusammen mit einem deutschen Polizisten ein Hakenkreuz in den Kopf rasiert habe. „Solche Späße machten sie sich mit den Polen, die in Deutschland zur Zwangsarbeit gezwungen wurden“ – berichtete der Zeuge während seiner Vernehmung.

Nach dem Einmarsch der Roten Armee und der Übernahme des Amtes des Dorfschulzen durch Jan C. verwaltete er auch das Gut des Grafen Matuschka. Als Miczke den neuen Behörden sagte, dass der Angeklagte während der Besatzung Polen verfolgt habe und nun – bereits als Pole – weiterhin „über sie herrsche“, soll Jan C. ihn geschlagen und mit dem Tod bedroht haben.

Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestritt Jan C. stets. Er behauptete, dass die deutsche Polizei von der Unterstützung der Gefangenen nicht durch ihn, sondern durch eine Anzeige von Anna Kapicka aus Pitschen erfahren habe. Seiner Darstellung nach habe sie diese Informationen dem Gendarmen aus Osiek während eines Besuchs in seinem Haus übermittelt, wobei er selbst Zeuge gewesen sei.

Wie der Angeklagte aussagte, beschuldigte Anna Kapicka zwei Einwohnerinnen von Pitschen, intime Kontakte mit französischen Kriegsgefangenen gehabt zu haben. Als der Gendarm sie nach Zeugen fragte, nannte sie zwei Frauen. Beide sagten jedoch aus, dass sie nicht gesehen hätten, „dass etwas zwischen diesen Frauen und den französischen und belgischen Gefangenen gewesen sei“. Daraufhin gab Kapicka den Namen einer weiteren Person an, die ihre Aussage bestätigte. Schließlich sollen die verhafteten Mädchen die Vorwürfe gestanden haben.

Als die Frauen erfuhren, wer sie verraten hatte, beschuldigten sie ihrerseits die Tochter von Anna Kapicka, Alfreda, und behaupteten, auch sie habe Kontakte zu französischen und belgischen Gefangenen unterhalten. Alle wurden daraufhin verhaftet. Wie Jan C. aussagte, seien sie jedoch bald aufgrund einer Amnestie freigelassen worden. Er fügte hinzu, dass die Mädchen trotz der früheren Verhaftungen weiterhin nächtliche Treffen mit den Gefangenen hatten und sogar einen Schlüssel zum Lager angefertigt hätten, um sie für nächtliche Rendezvous hinauszulassen.

Nach Angaben des Angeklagten kam die Angelegenheit erneut ans Licht, als der Gendarm aus Osiek von diesen nächtlichen Kontakten erfuhr. Daraufhin wurden die Frauen erneut verhaftet und in Lagern interniert.

Der Fall fand am 9. Juni 1947 vor dem Gericht in Breslau sein Ende. Jan C. bekannte sich nicht schuldig. Er behauptete, er habe niemals Polen oder Gefangene geschlagen und sei nicht für die Inhaftierung von Frauen in Lagern verantwortlich. Als Förster – so sagte er – habe er sich ausschließlich um den ihm anvertrauten Wald gekümmert und Polen manchmal sogar vor Anordnungen der deutschen Behörden gewarnt.

Das Gericht stellte bei der Analyse der Zeugenaussagen fest, dass es keine eindeutigen Beweise für seine Schuld gebe. Emma Kapała, Alfreda Kapicka und Hedwig Hofbauer gaben zu, dass sie tatsächlich ins Arbeitslager gebracht wurden, konnten jedoch nicht angeben, dass dies auf Veranlassung des Angeklagten geschehen sei. Lediglich Anna Kapicka behauptete, sie habe von einem Kriegsgericht über seine Beteiligung gehört, das Gericht hielt diese Aussage jedoch für unglaubwürdig. Wincenty Miczke sagte zwar aus, dass er gesehen habe, wie Jan C. einen oder zwei Polen schlug, doch – wie festgestellt wurde – handelte es sich eher um einen Vorfall im Zustand der Trunkenheit als um einen Beweis für systematische Verfolgung.

Infolgedessen entschied das Gericht, dass es keine Grundlage für eine Verurteilung gebe, und sprach Jan C. von allen Vorwürfen frei.

Der Fall von Jan C. endete mit einem Freispruch, und er selbst verbrachte – wie aus dem Urteil hervorgeht – mehrere Wochen zu Unrecht im Gefängnis. Paradoxerweise ist es jedoch gerade seinem Prozess und den damit verbundenen Vorwürfen zu verdanken, dass wir heute die komplizierte Realität auf der untersten Ebene während des Krieges besser verstehen können.

Offiziell kämpften die Deutschen gegen die Polen, und die nationale Trennungslinie schien offensichtlich. Doch im Alltag eines kleinen Dorfes wie Pitschen verwischten sich diese Grenzen oft. Den Gefangenen halfen nicht nur Polen, sondern auch Deutsche und Oberschlesier, die sich trotz drohender Repressionen entschieden, das Risiko einzugehen, um den Leidenden zu helfen. Andererseits waren die Denunzianten sowohl Deutsche gegenüber Deutschen als auch Polen gegenüber Polen.

Die Ereignisse von Pitschen zeigen also, dass in Kriegszeiten in solchen kleinen Gemeinden die Nationalität oft in den Hintergrund trat. Über das Schicksal der Menschen entschieden vor allem ihre Entscheidungen, Charaktere und persönlichen Haltungen – nicht die nationale Zugehörigkeit. Dies erinnert daran, wie komplex und dramatisch die Kriegsrealität in Schlesien war und wie schwierig es ist, menschliches Handeln in Zeiten der Bewährung eindeutig zu beurteilen.

Der Artikel wurde auf Grundlage von Zeugenaussagen verfasst, wobei die von den Zeugen verwendete Terminologie beibehalten wurde.

Quellen:

  1. Instytut Pamięci Narodowej, Abteilung in Wrocław, Sign. IPN Wr 488/1374 Bd. 1 (Akten im Strafverfahren gegen: Czeczor Jan, Vatername: Józef, geb. 03.12.1900, angeklagt, dass er in den Jahren 1939–1945 in Byczyna/Pyszczyn, Gemeinde Żarów, als Förster des örtlichen Gutes sowie als Helfer des Wachtmeisters der Landwache Zwangsarbeiter misshandelte, d. h. eine Straftat gemäß Art. 2 des Dekrets vom 31.08.1944 beging.)
  2. Instytut Pamięci Narodowej, Abteilung in Wrocław, Sign. IPN Wr 488/1374 Bd. 2 (ebd.)
  3. B. Mucha, Kriegsgefangenenlager in Żarów während des Zweiten Weltkriegs, online verfügbar: https://www.izba.centrum.zarow.pl/artykuly/355-oboz-jeniecki-w-zarowie-w-latach-ii-wojny-swiatowej, Zugriff: 09.09.2025